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Manuela Brügger

„Hallo & Buongiorno“

Was macht ein Dorf aus? In ihren Bildern und einer zentralen Skulptur spürt Manuela Brügger dem Alltag, den Menschen und der Geschichte des Bergdorfs nach. Persönliche Erinnerungen, Natur und Wandel verweben sich zu symbolhaften Momentaufnahmen – ein feines Gleichgewicht zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

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Hallo & Buongiorno

Was macht ein Dorf aus? Diese scheinbar einfache Frage wird zur künstlerischen Leitlinie in der neuen

Ausstellung „Hallo & Buongiorno“ von Manuela Brügger im KunstTank von Simplon Dorf.

Mit feinem Gespür für Details, Menschen und Geschichte begibt sich Brügger auf eine Spurensuche durch den

Alltag und das kollektive Gedächtnis eines kleinen Dorfs. Ihre Werke verweben persönliche Erlebnisse mit

lokalen Bezügen – aus Gesprächen, Beobachtungen und Begegnungen ist eine Ausstellung entstanden, die das

Leben in Simplon Dorf einfängt.

Im Mittelpunkt steht eine Skulptur: ein aufgetürmter Kissenturm, der trotz seiner Massivität fragil wirkt. Eine

Traktorspur zieht sich quer darüber, als stille Andeutung auf die Vergangenheit der charmanten Tankstelle und

die Transformation der Landwirtschaft. Die Kissen stammen aus vier Generationen ihrer Familie – „von meiner

Großmutter bis zu meinem Kind“, wie die Künstlerin erklärt. „Ein Kissen ist eigentlich ein Ort der Ruhe, weich

und tröstlich – doch wenn der Schlaf schwer wird, verlieren selbst Kissen ihre Sanftheit. Mit Epoxidharz habe

ich sie gehärtet, um zu zeigen: Auch das Weiche trägt Spannungen in sich.“

Diese Ambivalenz zieht sich durch Brüggers gesamtes Schaffen: scheinbar Bekanntes wird verfremdet,

Persönliches wird kollektiv lesbar. Ihre künstlerische Sprache ist vieldeutig, aber nie beliebig – vielmehr lädt sie

die Betrachter*innen dazu ein, eigene Gedanken und Erinnerungen einzubringen.

„Ich liebe es, ortsspezifisch zu arbeiten“, sagt die Künstlerin. „Wenn ich an einen neuen Ort komme, beobachte

ich genau: die Menschen, die kleinsten architektonischen Details, die Stimmung, die Natur.“ Diese Offenheit ist

spürbar – in der Ausstellung, in den Gesprächen mit ihr und in ihrer Herangehensweise. Brügger begegnet den

Menschen ohne Berührungsängste, offen und herzlich. Und Simplon Dorf hat ebenso offen reagiert: „Die Leute

haben mir ihre Türen geöffnet – dadurch sind all die kleinen Bildszenen entstanden.“

Zehn solcher Momentaufnahmen hängen im Speiserestaurant direkt neben dem KunstTank. Sie zeigen Szenen

vom Polentafest, Portraits vom Bäcker, dem Metzger, der Weberin – gelebte Kultur im Kleinformat, gestaltet

mit Schrumpffolie. In anderen Bildern erscheinen der Steinadler am Simplonpass oder eine gesellige Runde im

Restaurant Fletschhorn. Mal poetisch, mal augenzwinkernd – stets aus einem respektvollen Blick heraus.

Auch der Ort der Ausstellung trägt zur Wirkung bei. Die alte Tankstelle mit dem Slogan „Tanke junge Kunst an

alter Zapfsäule“ wird selbst zum Teil der Inszenierung. In ihr schimmern Brüggers Kissen-Skulpturen im

Sonnenlicht – stumm, aber beredt.

Wer sich auf „Hallo & Buongiorno“ einlässt, begegnet nicht nur Kunst, sondern einem Ort, einer Gemeinschaft

und einer Künstlerin, die zuhört, verwandelt und sichtbar macht. Der Dialog ist hier nicht nur

Begleiterscheinung, sondern Teil des Werks – ganz im Sinne von Manuela Brügger: „Ich liebe es, den

Geschichten der Leute zuzuhören und daraus Kunst zu machen.“

Text: Helga Zumstein

Impressionen der Vernissage

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